Welche Meditation macht Dich lebendig?

StrandwelleEin Überblick über verschiedene Meditationsstile

Joachim Schneider, 5. Juni 2016

Nicht in allen Meditationspraktiken muss man still sitzen. Es gibt Meditationen, in denen Teilnehmer sich wild bewegen, laut singen, oder tanzen.  Manche Meditationen erfordern sogar ein Nachdenken, wie bei dem Buddhistischen Koan “Was ist der Ton einer einzigen klatschenden Hand?”. Eine Möglichkeit, Meditationen voneinander zu unterscheiden, ist, ob sie mühelos oder kontrolliert sind, fokussiert oder offen. Auch wie Meditation definiert wird, verrät einiges über die Art einer Praktik.

Was ist Meditation? 

“Frage nicht, wie Du meditieren sollst. Frage, was Meditation ist.”

Krishnamurti

Der Indische Philosoph Krishnamurti sagte,  “Ich weiß nicht, was Meditation ist”. Er war dafür, dass jeder Mensch für sich selbst herausfinden soll, was Meditation ist, anstatt die Definition eines anderen zu übernehmen. Wenn man den Ideen und Routinen anderer Menschen folgt, führt dies, laut Krishnamurti, zu einem  “stumpfsinnigen Denken”, bei dem man seine spirituelle Macht abgibt. Für ihn war Meditation nicht etwas, was wir tun, sondern eine Frage, wie wir leben und uns verhalten. Aufräumen und alles, an seinen Platz zu bringen, war für ihn der Anfang von Meditation. (Siehe ein  Video dazu).

Verschiedene Definitionen von Meditation

Auf Wikipedia versteht man unter Meditation „Praktiken, bei denen die Aufmerksamkeit reguliert wird, wie Achtsamkeit oder Konzentration, mit dem Ziel Ruhe, Klarheit und Wohlbefinden zu fördern.“  (Walsh & Shapiro, 2006, Cahn und Polich, 2006). Für den Meditationsforscher Herbert Benson von der Harvard Medical School ist Meditation “alles, was eine Entspannungsreaktion auslöst”, wobei Stricken auch dazu gehört. Für den Zen-Buddhisten und Begründer des Achtsamkeitstrainings ( „Mindfulness based Stress Reduction – MBSR)  Jon Kabat-Zinn ist meditieren “aufpassen” und kann “harte Arbeit” sein.  Für Thanissaru Bhikkhu, einen Mönch des Theravada Buddhismus, des “Pfads der Enthaltsamkeit”,  ist Meditation “die unscheinbarste und forderndste Fähigkeit, die es gibt”. Für den Tibetanischen Mönch Mathieu Ricard, aufgrund von Gehirnmessungen der “glücklichste Mensch” der Welt, heißt meditieren  “lernen, wie man Gedanken kommen und gehen lässt, anstatt ihnen zu erlauben, Dich zu kontrollieren.“  Laut Ricard „müssen wir  lernen in der Frische dieses Moments zu bleiben.”

Für Maharishi Mahesh Yogi, den Begründer der Transzendentalen Meditation, kurz „TM“ ist Meditation hingegen, ”mühelos dem Geist erlauben, zu seinem natürlichen Zustand der Glückseligkeit zurückzukehren.”  Deepak Chopra, sein ehemaliger Schüler hat eine ähnliche Definition wenn er sagt, dass Meditation darin besteht, “ nicht den Geist dazu zu zwingen, ruhig zu sein, sondern die Ruhe die bereits da ist, zu erleben.”

Bereits anhand dieser verschiedenen Definitionen lassen sich Unterschiede darüber erkennen, wie mühelos, kontrolliert, offen oder fokussiert eine Praktik ist.

Mühelos oder kontrolliert?

Eine kontrollierte Praktik gibt eine Vorgehensweise vor, die man  “richtig ” oder „falsch“ machen kann. Kontrollierte Praktiken reichen von der  Anweisung beim Ausatmen “eins” zu sagen oder unablässig auf eine Kerze zu blicken, bis dazu, in  einer  bestimmten Körperhaltung zu verharren. Mühelose Praktiken hingegen erlauben Körper, Gedanken und Gefühlen sich frei zu bewegen oder auszudrücken.

Fokussiert oder offen?

In einer fokussierten Meditation richtet man die Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes, wie den Atem, den Herzschlag, einen Gegenstand, Namen, einen der 5 Sinne, ein Bild, Mantra, Wort, Satz, Gefühl, eine Kerze oder eine Frage.  Der Fokus kann mühelos sein, wie ein Anker von dem man abschweifen darf oder aber auch kontrolliert wie ein Brennpunkt. Eine offene Meditation hat entweder keinen Orientierungspunkt oder fokussiert sich auf das, was in diesem Augenblick wahrgenommen wird.

Demgemäß gibt es vier verschiedene Meditationstypen: (1) mühelos fokussiert, (2) kontrolliert fokussiert, (3) mühelos offen und (4) kontrolliert offen.

Müheloser Fokus wie ein Anker

Mühelose  Fokusmeditationen verwenden einen Anker in der Form eines Gegenstands,  eines Wortes, Mantras oder des Atems, auf den das Bewusstsein sich richten kann, von dem man jedoch jederzeit abschweifen darf. Beispiele müheloser Ankermeditationen sind Deepak Chopras Primordial Sound Meditation, im Deutschen auch genannt Urklangmeditation bzw. Spirit Sound Meditation, und Transzendentale Meditation von Maharishi Yogi. In der Primordial Sound Meditation ist der Fokus auf das Mantra leicht, fast wie wenn man ihm zuhört. Die Meditation ist mühelos, weil man bequem sitzen kann und es nicht notwendig ist, sich zu konzentrieren oder etwas zu kontrollieren. Wenn während der Meditation ein Schmerz auftaucht, darf man sich anders hinsetzen, um es sich bequemer zu machen. In Chopras Atemwahrnehmungsmeditation, beobachten wir den Atem, dürfen uns jedoch ablenken lassen und wir können dann wieder sanft und mühelos zum Atem zurückkehren. Mühelose Ankermeditationen wollen im Gegensatz zu kontrollierten Meditationen den Geist nicht trainieren, sondern ihm erlauben, ohne Anstrengung Glückseligkeit zu finden. Bessere Konzentration ist nicht das Ziel, sondern lediglich eine Nebenwirkung einer mühelosen Ankerpraktik. Auch Ramana Maharshis Selbstergründungsmeditation „Atma Vichara“, bei der immer wieder die Frage “Wer bin Ich?“ gestellt wird, ist eine mühelose Ankermeditation, bei der Teilnehmer bequem sitzen können.

Kontrollierter Fokus

In einer Meditation mit kontrolliertem Fokus soll die Aufmerksamkeit unablässig auf etwas gerichtet werden, beispielsweise einen Gegenstand, ein Wort oder eine Tätigkeit, was Konzentration erfordert. Wie anstrengend die Meditation ist, hängt von der jeweiligen Praktik ab. Der kontrollierte Fokus kann darin liegen, eine Melodie tausendmal in einem bestimmten Rhythmus zu wiederholen, sich auf die “Ränder der Nase” zu konzentrieren, unablässig in ein Kerzenlicht zu blicken, oder gar eine Stunde lang in der selben Sitzhaltung zu verharren. Mantrenrezitationen, Fürbitten, Kirtansingen oder Gregorianische Choräle, bei denen die Anzahl an Wiederholungen zumeist vorgegeben ist oder bei denen Gebetsketten und Rosenkränze verwendet werden, sind ebenfalls kontrollierte Fokus-Praktiken.  Pranayama Atemübungen mit genauen Vorgaben, wie und wie lange man atmen soll, Kriya Yoga, die Konzentration auf einen schwarzen Fleck, tantrische Atem- bzw. Energiekontrolle, die Tänze des universellen Friedens, Derwisch Drehungen, Zikr, rituelles Trommeln und Yoga haben ebenfalls einen kontrollierten Fokus, genau wie Taoistische Mediationstechniken wie Tai Chi, QiGong, Kampfkunstübungen, Teezeremonien, Kalligraphie und Ikebana aus der Buddhistischen Achtsamkeitstradition und die Buddhistischen Samatha Atem-Meditationen.

Kontrollierte Mantrenmeditationen

Mantrenmeditationen sind kontrolliert im Fokus, wenn sie beispielsweise mit dem Atem verknüpft sind und man auf  “eins” oder „Om“ ausatmen soll.  Auch in den Meditationen vom Chopra Center gibt es Praktiken mit kontrolliertem Fokus. David Frawley, der derzeitige Chef-Ausbilder für „Primordial Sound“ Meditationslehrer betont, wie wichtig es ist, sich auf das Primordial Sound Mantra zu konzentrieren und es richtig auszusprechen.  (Siehe Frawleys Artikel hierzu). Seine Empfehlung unterscheidet sich von der seiner Vorgänger   am Chopra Center David Simon und Roger Gabriel, welche betonten, dass es nicht erforderlich ist, sich zu konzentrieren und der Urklang keine klare Aussprache sein muss. Deepak Chopra selbst leitet gelegentlich kontrollierte Fokusmeditationen in der “21 Day Medtation Challenge“, wenn er beispielsweise  in der “Expanding Your Happiness” Reihe empfiehlt, „bei jeder Wiederholung des Mantras „sich zu öffnen” oder sich etwas “vorzustellen”. Lesen Sie meinen Artikel  “Über die 21 Tage Meditation hinaus” über die Unterschiede zwischen der „21 Tage Meditation“ und  Primordial Sound Meditation, wie Roger Gabriel und David Simon sie unterrichteten.

Geführte Meditationen

Geführte Meditationen folgen einem kontrollierten Fokus, wenn die Anweisung  beispielsweise lautet  „Halte die Aufmerksamkeit auf dem Herzen “ oder wie in der Buddhistischen Metta, der „liebenden Güte“ Meditation “, “Möge ich von Mitgefühl erfüllt sein”.  Autogenes Training, eine Art Selbsthypnose, entwickelt von Johannes  Schultz ist ebenfalls eine kontrollierte Fokuspraktik, wenn die Anweisung lautet „Arme und Beine sind schwer“, was den Fokus auf bestimmte Körperteile richtet und eine Vorgabe gemacht wird, wie diese Körperteile sich fühlen sollen.  Die Sutrenmeditation von Deepak Chopra, bei der man Worte wie „Friede“ in den „Teich fallen“ lässt, ist hingegen mühelos in ihrem Fokus, weil man diese Worte loslassen soll, nachdem man sie gesagt hat.

Mühelos offen

Wenn eine Meditation mühelos offen ist, fokusiert sich der Meditierer nicht auf einen Gegenstand, ein Wort oder einen bestimmten Punkt. Stattdessen kann er seinen natürlichen Neigungen folgen und seine Aufmerksamkeit auf das richten, was er machen will oder sich auch gar nicht fokussieren. Beispiele müheloser, offener Meditationen sind Lach-Yoga, freies Tanzen und Oshos “aktive” oder ” dynamische” Meditationen. Bei diesen Übungen kann sich der Körper größtenteils so bewegen, wie er will. Schütteln, tanzen, schnell oder tief Atmen, schreien, lachen, weinen, zornig sein oder sich sogar hinlegen. Unkontrollierte Spontanität soll von festsitzenden Gefühlen, Energien und Stress befreien und Menschen dabei helfen, mehr aus dem Bauch heraus zu handeln und “aufzuhören, Dinge zu tun, die sie daran hindern, sich gut zu fühlen.”, sagt Osho.  Authentischer Ausdruck und Spontanität sind Eigenschaften eines offenen, mühelosen Meditationsstils.

Kontrolliert Offen

Es gibt kontrollierte Meditationen, bei denen sich der Meditierende nicht auf ein konkretes Objekt oder Wort fokussiert, sondern auf das, was gerade in diesem Augenblick passiert.  Beispiele sind Achtsamkeitsmeditationen, bei denen man sich, in einer vorgegebenen Sitzhaltung verharrend,  auf diesen Augenblick konzentriert, wie in der  Vipassana “Erkenntnis” Meditation des Theravada Buddhismus, der Zazen “Sitzmeditation” der Buddhistischen Zen Tradition oder dem Tibetischen Dzogchen. Anstatt sich auf etwas zu fokussieren, konzentriert sich der Meditierende auf die Gedanken, Gefühle, Empfindungen oder Geräusche in diesem Augenblick, ohne diese zu werten oder sich darin zu vertiefen.

Ist Kontrolle „falsch“?

Auch wenn manche Menschen ein Problem mit dem Wort “Kontrolle” haben, weil sie nicht kontrolliert werden möchten, ist Selbstkontrolle notwendig, um ein Auto zu fahren, Salsa zu tanzen und um erfolgreich zu sein. Kontrolle über andere ist Führungsstärke, wenn dies mit dem Einverständnis der Beteiligten geschieht und gut gemacht ist. Manche Menschen üben zu viel Selbstkontrolle aus, wenn sie ihre Gefühle verleugnen oder sich keinen Urlaub gönnen. Andere üben zu wenig Selbstkontrolle aus, wenn sie zornig auf  jemanden losgehen, anstatt ihren Ärger konstruktiv auszudrücken und im Interesse aller Beteiligten zu nutzen. Da Kontrolle gute und schlechte Seiten hat, ist es nicht hilfreich, Kontrolle immer gleich als etwas negatives zu sehen.

Unterschiede zwischen Mantrenmeditation und Mantrenrezitation

Mantrenrezitationen wie sie in den Büchern von Thomas Ashley Farrand (1999) beschrieben werden, von Marcus Schmieke (2007) und Gertrud Hirschi (2007) unterscheiden sich von Mantrenmeditationen, wie der Primordial Sound Meditation, Urklangmeditation, Spirit Sound Meditation, der Transzendentalen Meditation und andere mühelosen Ankermeditationen. In einer Mantrenrezitation sagen oder singen wir ein Mantra laut oder flüstern es mit Konzentration vielleicht 108 oder 1080 mal pro Tag oder über einen längeren Zeitraum mehrere Tausend mal. Häufig wird ein bestimmter Rhythmus und eine korrekte Aussprache  betont. Diese Vorgaben machen eine Mantrenrezitation zu einer kontrollierten Fokuspraktik. Im Gegensatz dazu sind mühelose Fokusmeditationen, die ein Mantra verwenden, nicht Rezitationspraktiken. Das Mantra wird still und mühelos wiederholt, während wir bequem sitzen und die Augen geschlossen haben. Wir erlauben dem Mantra seinen eigenen Rhythmus, Geschwindigkeit oder Tonhöhe. Wir hören dem Mantra zu, beobachten und spüren es.

Welcher Stil wird unterrichtet?

Auch innerhalb einer Meditationstradition gibt es unterschiedliche Auslegungen darüber, wie mühelos oder fokussiert eine Praktik sein sollte.

RR („Relaxation Response“), Herbert Benson’s Meditationspraktik, welche die Grundlage für die langjährige  Forschungsarbeit über Meditation am Harvard Medical Center darstellt, ist beispielsweise nicht mühelos im Fokus, obwohl sie ursprünglich von TM, eine mühelosen Fokusmeditation, inspiriert wurde. Das Einbinden einer progressiven Muskelentspannung, die Anweisung durch die Nase zu atmen und “eins” beim Ausatmen zu sagen, macht RR kontrollierter.  Indem David Frawley, der jetzige Chefausbilder am Chopra Center, dazu anregt, sich während der Primordial Sound Meditation auf das Mantra zu konzentrieren,  unterrichtet er Primordial Sound Meditation als kontrollierte Fokusmeditation. Seine Vorgänger hingegen betonen die Mühelosigkeit dieser Praktik und weisen darauf hin, dass es während der Primordial Sound Meditation nicht notwendig ist, sich zu konzentrieren.

Meditationsstil, Persönlichkeit und vedische Astrologie

Die vedische Astrologie weist darauf hin, dass Menschen unterschiedliche spirituelle Praktiken brauchen, um sich weiterzuentwickeln. Abhängig vom Erleuchtungsplaneten und dem Planeten der spirituellen Praktik, ist der Weg und damit  auch die Meditation konzentriert (Sonne), mühelos (Moon), losgelöst (Mars), achtsam (Merkur), kooperativ (Jupiter), hingebungsvoll (Venus), einfach und enthaltsam (Saturn), nach innen (Ketu) oder nach außen gehend (Rahu) oder eine Mischung daraus. Da der Urklang mit der Position des Mondes zurzeit der Geburt in Verbindung steht, bietet sich Urklangmeditation als mühelos an.  Schon Deepak Chopra sagt, Urklangmeditation ist “sanft und mühelos” und “mühelose Spontanität ist der schnellste Weg sich zu verwirklichen”.

Urklangmeditation in jedem Fall ein guter Einstieg

Auch wenn die meisten Meditationslehrer den Ansatz unterrichten, der für sie funktioniert hat, ist meine Erfahrung, dass unabhängig von der schlussendlichen Meditationspräferenz, eine mühelose Praktik, wie Urklangmeditation  ein wundervoller Weg ist, eine regelmäßige, erfüllende Praktik einzurichten, auf der sich dann andere Techniken aufbauen lassen.

Was ist Dein bevorzugter Stil?

Auch wenn manche Schulen eine starre Vorstellung davon haben mögen, wie eine Praktik auszuüben ist, hindert Sie hoffentlich Niemand daran, eine kontrollierte Fokuspraktik auf mühelose Weise auszuüben, oder umgekehrt, wenn das besser zu Ihnen passt. Vielleicht bevorzugen Sie es, sich auf etwas zu konzentrieren, oder aber Sie sind froh, wenn Sie den Geist auch kurz wandern lassen können, bevor Sie wieder zu Ihrem Fokus zurückschweifen.

Die beste Praktik ist die, die Dir hilft

Alle Meditationstechniken, ob fokussuiert, offen, mühelos oder kontrolliert, wollen dem Menschen helfen, sich zu befreien, zu gesunden und sein Leben besser zu meistern. Jede dieser Praktiken hat ihre Vorzüge.  Eine Praktik ist nicht unbedingt besser als die andere. Die beste Praktik ist die, die Ihnen hilft.

Wenn Sie Urklangmeditation oder Spirit Sound Meditation erlernen oder unterrichten möchten, Ihren Urklang oder Wohlfühlklang entdecken oder aufgrund Ihres vedischen Horoskops einen Erleuchtungsweg finden wollen, kontaktieren Sie info@wasmachtdichlebendig.eu