Eine Einführung in Bert Hellingers Familienaufstellungen
von Dr. Joachim Schneider
Die wenigsten Menschen trauen sich, ein glücklicheres Leben zu führen, als Ihre Eltern. Bertold Ulsamer
In der Hoffnung auf ein neues Leben und um schmerzliche Erlebnisse oder Schuldgefühle zu vergessen, verlassen viele Menschen unliebsam gewordene Familienmitglieder oder Partner. Wegziehen oder nicht mehr über Jemanden sprechen, macht den Weg für die Zukunft allerdings nicht frei. Schmerzen brauchen ihren Raum, um zu heilen. Die Verdrängung von Gefühlen gibt diesen mehr Gewicht und bringt sowohl Überempfindlichkeit als auch Gefühlslosigkeit mit sich, die das Knüpfen und Pflegen neuer Beziehungen erschwert.
Für Kinder ist es eine schwere Last, wenn Familienmitglieder oder ein Elternteil ausgegrenzt werden. Wenn die Eltern einander ablehnen, fühlen sich die Kinder dadurch oft selber abgelehnt und ihr eigenes Selbstwertgefühl kann auf der Strecke bleiben. Auch wenn Kinder nach einer Trennung der Eltern sich nach außen hin dem Elternteil anschließen, bei dem sie leben, stellen sie sich oft unbewusst an die Seite des verleugneten Elternteils und wollen so werden wie dieser.
Für langfristige Verwirklichung in Beruf und Partnerschaft, und ohne das Schicksal eines Vorfahrens wiederholen zu müssen, ist das Achten aller Familienmitglieder und unserer eigenen rechtmäßigen Rolle in dieser Familie unumgänglich. Achtung beginnt damit, jedes Familienmitglied und ehemals wichtige Partner so zu nehmen wie sie sind, sie unabhängig davon was vorgefallen ist, an ihrem rechtmäßigen Platz in der Familie zu respektieren und ihnen die Verantwortung für ihr Leben zu lassen. Unsere Aufgabe ist es, unseren rechtmäßigen Platz in der Familie einzunehmen, und die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen.
„Wer seine Eltern genommen hat, so wie sie sind und mit ihnen versöhnt ist, der kann sie hinter sich sehen und die Kraft spüren, die von ihnen ausgeht, und der Weg ins eigene Leben ist frei. “
Marlies Holitzka
Die Mitwirkung der tatsächlichen Familienmitglieder ist für diese Versöhnung nicht erforderlich. Stattdessen können wir uns in Familienaufstellungen mithilfe von Stellvertretern oder Symbolen, durch lösende Sätze und rituelle Handlungen befreien.
Der Wahrheit des Augenblicks in die Augen sehen
Das Ergebnis vieler Familienaufstellungen zeigt, dass Menschen sich im am wohlsten fühlen, wenn sie der „Wahrheit des Augenblicks“ in die Augen sehen, in dem sie das anerkennen, was ist, dem Energiefluss folgen und die folgenden „Ordnungen der Liebe“, ein Begriff von Bert Hellinger, beachten.
Die Bindung zur biologischen Familie ist tief und unauflöslich
Menschen, auch wenn sie ihre Vorfahren ablehnen, können aus Loyalität das Schicksal dieser Vorfahren wiederholen oder sühnen wollen.
„Kinderliebe beruht auf einer verrückten kindlichen Logik. Kinder leben in der Illusion, dass sie nur dazugehören können, wenn sie es sich ebenso ergehen lassen, wie die Mitglieder der Familie. Um diesen gleich zu sein, und weil sie glauben, es ihnen damit leichter machen zu können, übernehmen Kinder Gefühle, Lasten und Leiden anderer Familienmitglieder und erleben es wie Verrat, wenn es ihnen selbst besser geht als diesen. Aus Liebe folgen sie ihren Eltern in den Tod oder ersetzen ihnen eine früh verstorbene Schwester oder eine erste große Liebe. Aus Liebe zu den Eltern und um ihnen nah zu sein, fühlen sie sich traurig, leer oder heimatlos. Und aus Liebe übernehmen sie die Rache und Sühne für vergangenes Unrecht, verwirklichen sie fremde Lebenspläne und versagen sich selbst, was einem anderen aus der Familie nicht vergönnt war. Sie versuchen auszugleichen, was in Wirklichkeit nicht auszugleichen ist, denn das Schicksal lässt sich nicht dadurch mildern, dass zwei es tragen statt einer. “ Marlies Holitzka
Bindungslosigkeit, scheinbar religiös motivierte Ehelosigkeit, Kinderlosigkeit oder Homosexualität sind demgemäß ein Versuch, die Schuld eines Nachkommen zu sühnen, sich zu opfern oder Ausdruck der Loyalität zu einem bindungslosen oder kinderlosen Familienangehörigen. Hinter Prostitution kann das Bestreben stecken, einen Familienangehörigen, der einen als Kind sexuell missbraucht hat, moralisch zu entlasten. „Ich war immer schon eine Hure.“
Aufgrund der tiefen biologischen Bindung innerhalb der Familie ist eine Weggabe eines Kindes an Blutsverwandte einer Adoption durch Fremde vorzuziehen. Adoptiveltern sollten Ihren Kindern klarmachen, dass sie nicht ihre richtigen Eltern sind und den richtigen Eltern im Leben der Kinder einen Platz lassen. Von unbekannten Samenspendern in Verbindung mit künstlicher Befruchtung wird abgeraten. Wenn eine Partnerschaft mit einem zeugungsunfähigen Mann besteht, ist diese Partnerschaft mit dem Samen eines anderen Mannes beendet.
Zugehörigkeit
Zur Herkunftsfamilie gehören wir selbst, unsere Geschwister und Halbgeschwister, unsere Eltern und Großeltern, sowie jeweils deren Geschwister und Halbgeschwister. Unsere eigene Familie, die Gegenwartsfamilie besteht aus unserem Partner, den eigenen Kindern und unseren Enkeln. Zur Familie gehören darüber hinaus alle wichtigen früheren Partner, ohne deren Verzicht es die Herkunfts- oder Gegenwartsfamilie nicht geben würde. Das Recht auf Zugehörigkeit zur Familie kann nur in sehr seltenen Fällen von schwerer persönlicher Schuld wie Mord an einem Familienmitglied verspielt werden. Abgetriebene Kinder gehören auch zur Familie.
Unser Platz in der Familie wird durch den Zeitpunkt des Eintritts in die biologische Familie bestimmt.
Dieser Zeitpunkt gibt vor, was für Zuständigkeiten und Rechte eine Person innerhalb dieser Familie hat. Wer zuerst da war, hat mehr zu sagen und mehr Vorrechte, als diejenigen, die danach kamen, allerdings auch mehr Verantwortung und Pflichten. Ältere Geschwister haben Vorrang vor jüngeren Geschwistern. Die Paarbeziehung hat Vorrang vor der Beziehung zu den Kindern. Generationsgrenzen dürfen nicht überschritten werden. Es gibt die Großen und die Kleinen. Die Eltern sind die Großen, die Kinder sind die Kleinen und einfach nur Kinder. Die Beziehung zwischen den Eltern geht die Kinder nichts an. Dies ist alleinig Sache der Eltern. Die Gegenwartsfamilie hat Vorrang vor der Herkunftsfamilie.
Unabhängigkeit lässt Partnerschaft gelingen
Bindung entsteht, wenn die Eroberung des Partners eine Herausforderung und der Mann stärker als die Frau ist. Die Stärke des Mannes zeigt sich auch dadurch, dass er die Beschützer- und Versorgeraufgabe übernimmt.
Damit eine Paarbeziehung gelingt, muss jeder der Partner seine eigene Familie verlassen. Von zu Hause ausziehen reicht allerdings nicht und die Herkunftsfamilie auszugrenzen wirkt sich negativ auf Beziehungen aus. Wenn die Eltern oder der ehemalige Partner noch vor einem stehen, ist der Weg ins eigene Leben durch Unerledigtes versperrt. Stattdessen ist Eigenständigkeit und innere Abgrenzung erforderlich bei gleichzeitiger Achtung der Herkunftsfamilie. Die Paarbeziehung hat Vorrang vor der Beziehung zur Herkunftsfamilie. Heiraten oder eine langfristige Beziehung einzugehen ist natürlich und wer sich dem widersetzt, schadet der Beziehung.
Wer einen Partner heiratet, muss die Familie des anderen „mitheiraten“. Dies bedeutet alle Mitglieder dieser Familie so zu nehmen wie sie sind, sie zu achten, und ihnen ihre rechtmäßige Rolle zu lassen.
Wer seinen Partner zum einzig möglichen erklärt, belastet die Beziehung. Der richtige Partner ist selten zu finden. Der gute Partner ist für gewöhnlich genug. Abhängigkeit zwischen Partnern belastet die Beziehung.
Die Verbindung zum ersten Partner ist am stärksten, zum zweiten weniger stark. Der erste Lebenspartner hat Vorrang vor dem zweiten. Der erste Partner bedarf der Achtung, weil er oder sie Platz gemacht hat für den zweiten Partner. Wenn der erste Partner nicht geachtet wird, übernimmt jemand aus der nächsten Generation die Rolle des nicht geachteten ersten Partners. Neue Lebenspartner haben kein Recht, sich in die Erziehung von Kindern einzumischen, die nicht ihre eigenen sind.
Kinder und Eltern sind getrennt
Die Einzelheiten von Trennungen mit all den Folgen, die sie nach sich ziehen, gehören allein in die Zuständigkeit des Paares. Zum Beispiel müssen sie entscheiden, bei wem das Kind wohnen soll, und wo es am besten aufgehoben ist. Gleichgültig wie alt ein Kind ist, sich zwischen den Eltern entscheiden zu müssen, ist für jedes Kind eine große seelische Belastung, die ihm besser erspart bleibt. Die meisten Kinder glauben, sie seien schuld an der Trennung ihrer Eltern. Für ein Kind ist es daher entlastend, wenn die Eltern ihm versichern und vorleben, dass ihre Schwierigkeiten nichts mit ihm zu tun haben. Einem Kind geht es bei dem Elternteil am besten, das den anderen achtet und die Liebe des Kindes zu beiden Elternteilen fördert.
Was bei Eltern ungeklärt ist, lastet auf dem Kind. Oft fühlt es sich hin und her gerissen zwischen beiden Eltern. Besonders schlimm ist es, wenn Vater und Mutter sie zum Bundesgenossen im Kampf gegen den anderen machen wollen. Wer ein Kind als Verbündeten gegen das andere Elternteil auf seine Seite ziehen will, missbraucht das Kind für seine eigenen Zwecke und schadet ihm damit.
Wenn Kinder gezwungen werden, sich bei der Scheidung gegen ein Elternteil zu entscheiden, dann schließen sie sich nach außen hin der Meinung des Elternteils an, bei dem sie leben, damit sie sich überhaupt zugehörig und geliebt fühlen. Doch im Verborgenen wirkt eine andere Dynamik: Unbewusst stellt sich das Kind an die Seite des verleugneten Elternteils und schwört ihm. „Lieber Papa/liebe Mama, ich werde genau wie du. Dann bin ich dir doch nahe.“ Für Kinder ist dies ein gängiger Lösungsversuch, beiden Elternteilen ihre Liebe zu zeigen und ihnen die Treue zu halten.
Ausgleich
Abhängig vom Platz eines Menschen in seiner Familie. gibt oder nimmt ein Familienmitglied mehr oder weniger.
Die Großen geben und die Kleinen nehmen. Die Eltern versorgen die Kinder. Wer am meisten für die Versorgung und finanzielle Sicherheit der Familie beiträgt, steht an erster Stelle in der Familie. Die Alteren geben mehr als die Jüngeren. Innerhalb einer Partnerschaft ist ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen erforderlich. Gibt man vom Guten ein bisschen mehr zurück und vom schlechten ein bisschen weniger, können Beziehungen gelingen. Verzeihen ohne eine kleinere Revanche gefährdet die Beziehung. Wenn ein Partner einen Seitensprung begangen hat, sollte der betrogene Partner wenigstens ein Rendevouz mit jemandem anderen haben. Gleiches mit Gleichem zu vergelten schadet der Beziehung. Die innere moralische Instanz stellt fest, ob der Ausgleich da ist oder nicht. Wenn der Ausgleich nicht da ist, führt das zu Schuld, die gesühnt werden will. Laut Hellinger führt beispielsweise Abtreibung oft dazu, dass die Sexualität sich aus der Partnerschaft zurückzieht oder die Beziehung endet, um die Schuld zu sühnen. Wenn die Schuld nicht gesühnt werden kann, distanziert sich der in der Schuld stehende von der Beziehung.
Auch Organspenden widerstreben laut Hellinger der inneren moralischen Instanz, da das Gegebene zu viel ist für die Seele des Nehmenden.
Ausklammerung
Zuweilen wird Mitgliedern der Familie das Recht auf Zugehörigkeit verwehrt oder es entsteht Verwirrung über Zugehörigkeit. Die einen werden bewusst ausgeschlossen, weil Ihre Verhaltensweisen oder Wertvorstellungen anderen Familienmitgliedern widersprechen, die Existenz der anderen wird verdrängt, weil der Gedanke an sie mit zu großem Schmerz verbunden ist. Schicksale, die häufig zu einer Ausklammerung oder Verachtung von Familienmitgliedern führen sind uneheliche Geburten, Abtreibungen, als Baby gestorbene Kinder, „schwarze Schafe“, Selbstmörder, Mörder, Verbrechen, Missbrauch, körperliche oder geistige Behinderung, Psychiatrieaufenthalte, unrechtmäßige Erbschaften, Homosexualität, Suchtkrankheiten, Adoptionen, früh verstorbene Verwandte, die Kinder unter 15 Jahren zurück ließen, Weggabe von Kindern, eine sehr enge Bindung zwischen einem Elternteil und einem Kind, Scheidung, Entfremdung, Heimatlosigkeit, Mittellosigkeit, Auswanderung oder Familienmitglieder aus verschiedenen Nationalitäten.
Nachgeborene übernehmen die Rolle ausgeschlossener Familienmitglieder
Wenn jemand aus der Familie ausgeschlossen oder ausgeklammert wird, indem zum Beispiel so getan wird, als gäbe es ihn oder sie nicht, oder indem über diese Person nie oder mit Verachtung gesprochen wird, dann wird dieser Ausschluss dadurch ausgeglichen, dass ein Nachgeborener oder Jüngerer meist unbewusst die Rolle des ausgeschlossenen Menschen übernimmt. Kinder übernehmen beispielsweise unbewusst die Rolle der ehemals „großen Liebe“ eines Elternteils, eine Partner- oder Elternrolle, oder die eines ausgeschlossenen oder früh verstorbenen Familienmitglieds.
„Kinder, die als Partnerersatz für ihre Eltern einspringen, haben fast immer Probleme mit Beziehungen. Zum einen, weil der Platz an ihrer Seite durch Vater bzw. Mutter besetzt ist. Zum anderen, weil sie nicht in ihre Rolle als Mann oder Frau hineinwachsen konnten. Das Mädchen wird nur an der Seite der Mutter zur Frau, und der Junge an der Seite seines Vaters zum Mann. Da sie als Partnerersatz aber immer gerade auf der falschen Seite stehen, bleiben solche Kinder häufig Papas kleines Mädchen und Mamas kleiner Junge. Sie sind charmant und bezaubernd, aber selten fähig zu einer erwachsenen Partnerschaft. “
Marlies Holitzka
Wer sich eine Rolle anmaßt, die ihm nicht zusteht, schafft Unfrieden in der Familie. Wenn ein Kind fremdes Schicksal von Vorfahren mitträgt, maßt es sich etwas an, und es übernimmt etwas, was es nichts angeht. Deshalb soll sich jeder um seine Angelegenheiten kümmern und sich nicht in die Angelegenheiten anderer Familienmitglieder einmischen.
Fremde Aufträge und Gefühle übernehmen
Kinder übernehmen von Eltern, Großeltern oder anderen Familienmitgliedern belastende Gefühle, Aufträge und manchmal Schuld, für die sie weder etwas können noch zuständig sind. Das geschieht aus Solidarität, um Eltern oder andere Vorfahren zu entlasten, zu schützen oder zu unterstützen, aber auch aus Angst, andernfalls die Zugehörigkeit zur Familie zu verlieren.
Fremde Gefühle werden dann übernommen, wenn der, zu dem dieses Gefühl eigentlich gehört, es nicht zulassen oder äußern konnte, wollte oder durfte.
„Fremdgefühle lassen sich aus der aktuellen Situation heraus nicht erklären. Sie sind eher ein Dauerzustand, der unterschwellig oder offen die Grundstimmung eines Menschen prägt. Diese Fremdgefühle wirken eher lähmend, und machen rat- oder hilflos. „Da kann man gar nichts machen“ ist die typische Haltung gegenüber diesen Gefühlen. Auf ihre Umgebung wirken Menschen, die von fremden Gefühlen beherrscht werden, oft wie losgelöst vom tatsächlichen Geschehen. Diese Gefühle oder Aufträge schlummern oft geraume Zeit im Verborgenen und werden erst viele Jahre nach der „Ansteckung“ aktiv. In der Regel bemerken wir sie nur dann, wenn sie mit unserer eigenen Lebensplanung oder unseren Lebensumständen in Konflikt geraten. Zum Beispiel, wenn wir unser Bedürfnis nach beruflicher Selbstständigkeit nicht leben können, uns vergeblich eine Partnerschaft wünschen oder uns traurig, leer und verlassen fühlen, obwohl es in unserem Leben dafür keinen Anlass gibt.“
Marlies Hollitzka
Wenn Kinder fremde Aufträge übernehmen, kann das zu ihrer völligen Überforderung führen, zu anmaßendem Verhalten und dem Gefühl, der Überlegenheit gegenüber Großeltern, Eltern oder Geschwistern. Meist haben diese Kinder später ganz allgemein ein gestörtes Verhältnis zu Autoritätspersonen und Vorgesetzten. Die Lösung besteht darin, das Übernommene an denjenigen, von dem es übernommen wurde, zurückzugeben. Damit befreit sich der Zurückgebende von der Last, verliert sein anmaßendes Verhalten und kann endlich seinen eigenen Platz einnehmen. Manchmal glaubt jemand, er könne die übernommene Last dem ursprünglichen Besitzer nicht zumuten und hält deshalb daran fest. Das Eigene zu tragen tut allerdings gut, denn dadurch gewinnt man an Kraft und Würde.
Ausgeschlossene achten ist unerlässlich für Selbstbestimmung und persönlichen Frieden
Durch den Ausschluss einer Person und der damit verbundenen Verstrickung eines Nachgeborenen kommt die Familie in eine Schieflage, die erst behoben werden kann, wenn der Ausgeklammerte ohne Abstriche, so wie er ist, wieder in die Familie aufgenommen wird und im inneren Bild der Familie seinen rechtmäßigen Platz erhält. Dann ist auch der Nachgeborene wieder frei, sein eigenes Leben zu leben.
Was bewirken Aufstellungen?
Aufstellungen schaffen eine neue Ebene der Verbundenheit zur Familie. Kinder achten ihre Eltern als Lebensspender und lassen ihnen ihre Verantwortung. Kinder bleiben mit ihren Wurzeln verbunden, ohne sich in die fremde Schuld zu verstricken.
Kritik an Hellingers Systemaufstellungen
Familienaufstellungen werden dafür kritisiert, ein konservatives Weltbild mit biblischen Ordnungen, patriarchalischen Strukturen und altertümlicher Sprache zu verherrlichen. Die „Ordnungen der Liebe“, wie Bert Hellinger sie nennt, sind allerdings das praktische Ergebnis vieler Aufstellungen und nicht in einem Gelehrtenkämmerchen erdacht worden. Das Beachten dieser Ordnungen hilft Menschen sich wohl zu fühlen und selbstbestimmt in die Zukunft zu gehen. Hellinger, ehemals katholischer Missionar, predigt keineswegs die heile Welt der Familie. In dieser „heilen Welt“ sieht er die größte Gefahr für den Einzelnen, denn durch die Moral, die dort herrscht, wird das Lebendige zerstört, gerade wenn die schwarzen Schafe ausgeschlossen werden. Niemand hat ein größeres Recht auf Leben und Zugehörigkeit als andere.
Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch.
Sie sind bei euch aber sie gehören euch nicht.
Ihr könnt ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken.
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr könnt ihre Körper, aber nicht ihre Seelen beherbergen.
Ihre Seelen wohnen im Haus von Morgen,
welches Ihr nicht mal in euren Träumen besuchen könnt.
Ihr mögt wie Eure Kinder sein wollen,
Aber versucht nicht, eure Kinder nach eurem Ebenbild zu formen.
Das Leben geht nicht rückwärts. Es ermüdet sich nicht am Gestern.
Ihr seid die Bogen, die Kinder sind die Pfeile.
Der Bogen kann nicht dorthin gehen, wo der Pfeil geht.
Kahlil Gibran
Bibliographie:
„Ohne Wurzeln keine Flügel.“ Bertold Ulsamer.
„Systemische Familienaufstellungen“. Marlies Hollitzka und Renate Renner.
„Anerkennen was ist“. Bert Hellinger
„Ordnungen der Liebe“. Bert Hellinger
„Die Mitte fühlt sich leicht an.“ Bert Hellinger
© Copyright 2008 Dr. Joachim Schneider