Bewusst sein – 1. in seine Mitte kommen

Deepak Chopra, 6. August 2018 

Je bewusster Du bist, desto weniger wirst Du Dich provozieren lassen oder einem ersten Impuls nachgeben. Bewusst triffst Du bessere Entscheidungen und Du kannst Dich finden.

Bewusst sein ist mehr als wach sein. Es beinhaltet auch seine Gewohnheiten, Überzeugungen und Werte zu kennen.  

Bewusst sein beginnt damit, in seine Mitte zu kommen. Es ist wie auf der Bühne zu stehen. Man kann sich nicht ablenken lassen, darf nicht überempfindlich sein oder nervös hin und her gehen. Man muss gegenwärtig sein und es geht um alles oder nichts.  Wenn Körper und Geist dies wissen und die Erfordernisse des jetzigen Augenblicks annehmen können, kommst Du von selber in Deine Mitte. Es heißt, berühmte Künstler wie Olivier oder Pavarotti waren vor ihren Auftritten nervös, beherrschten jedoch ihre Kunst vor Publikum in Vollendung. Sie konnten von einem Augenblick zum nächsten umschalten, hatten sich im Griff und wurden ruhig.  Die eingeübte Fähigkeit übernahm wie von selbst die Kontrolle und sie fokussierten sich ganz auf diesen Moment.

Die meisten Führungskräfte sind auch Darsteller. Sie müssen sich in kürzester Zeit auf die unterschiedlichsten Situationen umstellen. Um in kurzer Zeit von der Trauerfeier zur Willkommensparty bis zur Pressekonferenz und Ansprache jeder Situation gerecht werden zu können, muss ein Politiker in seiner Mitte sein.

Welche Eigenschaften haben Menschen, die in ihrer Mitte sind?

Menschen, die in ihrer Mitte sind, schenken der vor ihnen liegenden Aufgabe und ihrem Gegenüber ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie bleiben auch in einer Krise ruhig und zeigen gerade unter Druck ihre beste Leistung. Sie nehmen neue Informationen schnell auf. Sie können sich beherrschen, ziehen sich aber auch nicht zurück. Sie lassen sich nicht ablenken und kommen leicht in ihren Fluss. Anstatt mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, fokussieren Sie sich auf das, was jetzt passiert. Sie lassen sich nicht ablenken, schließen die Tür und machen das Telefon aus. Wenn Sie mit Jemandem sprechen, wenden sie sich vom Bildschirm ab und warten nicht ungeduldig darauf, bis sie zum Sprechen kommen und unterbrechen nicht. Sie zappeln nicht unruhig herum, spielen nicht mit ihrem Stift, schauen nicht zum Fenster hinaus, lassen sich nicht ablenken, und verschränken die Arme nicht hinterm Schreibtisch.

Stattdessen lehnen sie sich nach vorne, hören ihrem Gegenüber zu und beschäftigen sich mit dem vor ihnen liegenden Thema.

In die Mitte zu kommen ist eine wichtige und belebende Erfahrung.  Gehe allein an einen stillen Ort, setz Dich ruhig hin und schließe die Augen. Atme tief ein und gehe in Dich. Lass Deine Aufmerksamkeit auf das Herz übergehen. Sobald Du merkst, dass Du abgelenkt wirst, kehre zu Deiner Mitte zurück. Nach ein paar Minuten öffne die Augen. In der nächsten halben Stunde beobachte Dich, um zu sehen, ob Du in Deiner Mitte bleibst. Begib Dich nicht gleich in ein stressiges Umfeld.

Wenn Du diese Übung mehrmals täglich machst, wirst Du lernen, was es heißt in Deiner Mitte zu sein. Wiederholung trainiert Gehirn und Nerven darin, Ruhe zu bevorzugen, was Stress abbaut und den Blutdruck und die Herzrate senkt. In seiner Mitte zu sein steht für erholsame Wachheit und Ruhe.  In seiner Mitte zu sein hat nichts mit Trägheit oder Unnahbarkeit zu zun, oder mit dem Zwang, die Aufmerksamkeit auf dem Herz zu lassen.

In seiner Mitte zu sein erfordert jedoch Übung. Die meisten Menschen managen ihre Außenwelt, achten jedoch nicht auf ihre Innenwelt. Dabei geht das, was in uns vorgeht, der Außenwelt voraus. Unsere Innenwelt ermöglicht uns, etwas zu verstehen und zu reagieren. Wer nicht bewusst sein kann, kann auch nicht bewusst leben.

Aus dem Amerikanischen Original übertragen von Joachim Schneider