Gibt es den einen besten Lebensweg?

Deepak Chopra, 21. Mai 2018

Bewusst oder unbewusst verfolgt jeder Mensch einen Lebensweg und geht seinen Zielen nach. Einen passenden Partner finden, eine Familie gründen, im Beruf erfolgreich sein, Geld verdienen, Spaß haben oder Rücklagen für den Ruhestand ansparen. Manche wollen darüberhinaus Gott begegnen oder einen Roman schreiben. So verschieden diese Lebenswege auf den ersten Blick auch aussehen, haben sie doch gemeinsam, daß Menschen dem nachgehen, was sie wollen. Dies ist natürlich und macht Sinn, bringt jedoch auch Probleme mit sich. Angesichts von Armut, Gewalt, Krieg, Hunger, Krankheiten und Leid in der Welt, müssen wir uns die Frage stellen, wie sinnvoll der Weg des Begehrens ist. Oft bekommen wir nicht, was wir wollen. Auch wissen wir nicht, was uns glücklich macht, sagen psychologische Studien. Eine junge Frau, die ein Kind möchte, erlebt wie stressig das Leben als junge Mutter ist. Mehr Geld macht nur glücklich, solange es für materielle Sicherheit sorgt und kann darüberhinaus zum Problem werden. Unkontrolliertes Begehren führt zu Übergewicht, Kreditkartenschulden, Scheidungen oder gar kriminellem Verhalten. Wir wünschen uns vieles, was uns nicht gut tut.

Wenn es einen besten Lebensweg gibt, der Weg des unkontrollierten Begehrens ist es nicht. Wie können wir diesen Weg verlassen, wenn er unseren Alltag von Kindesbeinen an bestimmt hat?

Viele Wünsche sind oberflächlich und gehen auf einen ruhelosen Geist zurück. Die Erfüllung solcher Wünsche befriedigt nicht. In sich zu gehen kann hingegen innerlich erfüllen und die Tür für einen anderen Weg öffnen.

Mit Meditation und Yoga können wir den Weg des Begehrens verlassen. Zumeist kehren wir jedoch gleich wieder in dessen Hamsterrad zurück. Sich die Nachteile des Wegs des Begehrens bewusst zu machen, reicht nicht.

Wenn wir zwischen einem spirituellen und einem weltlichen Leben unterscheiden und spirituell als enthaltsam sehen und weltlich als lustvoll, können wir uns nicht freuen, wenn sich ein Wunsch erfüllt. Wer auf dem Weg der Entsagung ist, verspricht sich darüberhinaus davon genauso Erfüllung, wie Jemand, der Urlaub in Las Vegas oder Disneyland macht.

Das ganze Ich

Der beste Weg beginnt damit, das Weltliche nicht mehr vom Spirituellen zu trennen. So können wir unseren Wünschen auf natürliche Weise nachgehen und Liebe, Freude, Wahrheit, Schönheit und göttliche Gegenwärtigkeit erleben, ohne Gewissensbisse zu haben oder über die Stränge zu schlagen. Der Weg des ganzen Ichs besteht darin, sich anzunehmen, sich von inneren Konflikten zu befreien und mit sich ins Reine zu kommen. Wenn wir glauben,  dass die Erfüllung eines Wunsches uns glücklich macht, sind wir noch nicht im Reinen mit uns, da jeder erfüllte Wunsch wieder neue Begehrlichkeiten weckt.

Ein volles Leben kann man nur führen, wenn man ganz ist. Auf dem Weg des ganzen Ichs fragen wir uns „Wer bin ich?“. Wir entdecken, dass wir gut genug sind, dass einfach sein reicht und wir  über ein grenzenloses inneres Potential verfügen und dieses sich entfalten lassen können. Glücksmomente am Wegrand nehmen wir dabei mit.

Diese Entdeckung verwandelt unseren Alltag grundlegend. Wandel ist dann das Ergebnis und nicht das Ziel und erfolgt spontan aufgrund einer über das alltägliche Denken hinausgehenden Intelligenz.

Der Weg des ganzen Ichs steht Jedem offen. Selbstzweifel, Verwirrung, innere Konflikte und die sich widersprechenden Wünsche des zerrissenen Ichs isolieren uns voneinander und halten uns gefangen. Das zerrissene Ich ist leicht zu sehen. Seine Folgen vermüllen unser Leben. Auf dem Weg des ganzen Ichs gilt es mühelos in sich zu gehen, bewusster zu werden und sich in einer tieferen Ebene des Geistes zu erkennen als im ruhelosen, oberflächlichen Geist. Wer darin einen Wert sieht, hat den ersten Schritt auf dem Weg zum ganzen Ich getan.

Übertragen aus dem Amerikanischen Original  von Joachim Schneider