Die erste Meditation – „Erwarte nicht, dass etwas passiert“

EselDeepak Chopra, 14. Januar 2015 

Bereits vor 30 Jahren, als ich das erste Mal über die Verbindung von Körper und Geist schrieb, gab es gute Gründe, regelmäßig zu meditieren, wie niedrigerer Blutdruck oder innerer Frieden. Mittlerweile wissen wir, dass Meditation noch viel mehr Vorzüge hat und ein Schlüssel für persönlichen Wandel ist.

Erwarte keinen stillen Geist 

Wenn Du zum ersten Mal meditierst, erwarte nicht, dass etwas passiert. Das klingt wie ein Widerspruch. Wir sind es gewohnt, Erwartungen zu haben und es ist fast unmöglich erwartungsfrei zu sein. Wir erwarten, in einer Beziehung geliebt zu werden, unseren Freunden vertrauen können und uns zu hause sicher zu fühlen.

Verabredung mit einem Unbekannten

Meditation ist wie ein „blind date“, eine Verabredung mit einem Unbekannten, der allerdings von Freunden empfohlen wurde. Wir begegnen unserem Geist, wo immer er gerade sein mag.

Wenn wir uns von der Meditation einen  stillen Geist erhoffen und stattdessen viele Gedanken haben, sind wir enttäuscht.  Die meisten Leute denken dann fälschlicher Weise, dass sie entweder nicht richtig meditiert haben oder Meditation nichts für sie ist.

Gegenwärtig sein

Man kann einen Fluss nicht zweimal an derselben Stelle betreten, sagt ein Buddhistisches Sprichwort. Dies trifft auch auf den Geist zu. Den ganzen Tag über fließen Gefühle, Empfindungen, Gedanken und Bilder, die den Geist auf ungeahnte Weise auffüllen. Diesen Fluß betreten wir, wenn wir die Augen schließen, um zu meditieren. Anstatt uns mit der Welt des Geistes auseinanderzusetzen, wollen wir in der Meditation das Bewusstsein erleben.

In  den spirituellen Traditionen, aus denen Meditation kommt, wurde beobachtet, dass der Geist von Natur aus ruhig ist, wenn wir beispielsweise morgens aufwachen. In diesem Augenblick natürlichen Gewahrseins, der womöglich nur wenige Sekunden dauert, sind wir gegenwärtig, noch bevor wir uns Gedanken über den Tag gemacht haben. Vielleicht bemerkst Du so einen Augenblick gar nicht, bis man Dich darauf hinweist. Bei Jemandem, der unter Stress steht, macht der ängstliche Geist Überstunden und denkt ständig.

Die Weisen und Seer aus Indien erkundeten diesen Augenblick und fanden heraus, dass die scheinbare Leere des stillen Geistes gar nicht leer war, sondern die Quelle aller Möglichkeiten und Kreativität und über alles erhaben. Während wir uns heutzutage hauptsächlich mit der heilenden und beruhigenden Wirkung von Meditation beschäftigen, ging es den Seern um Freiheit und Glückseligkeit.

Eine Meditation kann weitreichende Auswirkungen haben. Niemand weiß vor eine Meditation, was passiert. Unsere Studien am Chopra Center zeigen, wie schnell Meditation das Gehirn und sogar den Ausdruck der Gene beeinflusst. Schon bei der ersten Meditation können sich diese Veränderungen einstellen, ohne dass man sie erwartet, denn der Geist ist wie ein Fluss. An der Oberfläche fließt er am schnellsten, wird jedoch durch Wellen und Strömungen unterbrochen. Wenn man tiefer taucht, verschwinden die Wellen und die Strömung wird langsamer. Am Grund des Flusses ist die Strömung dann nahezu bewegungslos. Der Geist ist genauso, und doch erkennen sich viele nur in seiner sich bewegenden Oberfläche wieder.  Auf tiefer liegendes können wir mit unseren Gedanken nicht zugreifen. Wenn wir den Geist in der Tiefe seine Ruhe finden lassen, kann er zu seiner Quelle zurückkehren. In der Stille empfängt jede Zelle im Körper Botschaften vom Gehirn, die keine Spuren in unseren Gedanken hinterlassen. Niemand weiß, wo ein Gedanke herkommt oder wie das Bewusstsein sich mit der breiigen Zellmasse des Gehirns austauscht.  Betrachtet man die elektrische und chemische Aktivität des Gehirns unter dem Mikroskop oder durch einen Gehirn-Scan, sieht man daran nicht, wie wir die dreidimensionale Welt erschaffen.

Der Geist unter der Oberfläche ist geheimnisvoll.  Mit Meditation öffnen wir die Tür zu diesem Geheimnis. Die einzig richtige Erwartung an die Meditation ist keine Erwartung an sie zu haben. Wenn Du auf eine faszinierende Reise gehen möchtest, nimm jede Meditation, wie sie kommt.  So interessant Deine Gedanken, Gefühle und Empfindungen auch sein mögen, das Bewusstsein, der Schoß der Schöpfung, ist interessanter.

Aus dem Amerikanischen Orignal „How to approach Your first Meditation“ übertragen von Joachim Schneider